Bist du noch zu retten?

Ein überraschend milder und sonniger Herbsttag erwartete die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diesjährigen Ausbildertagung. Zu Recht, denn „Tauchen findet im Wasser statt“. Dieser Leitsatz eines VDST-Urgesteins wurde durch unseren Landesausbildungsleiter Frank und sein Team dieses Jahr in die Tat umgesetzt. Der Hunsfels bietet ja jede Möglichkeit dafür.

Viele, vor allem jüngere Ausbilderinnen und Ausbilder kamen, und ließen einen den demographischen Wandel kurz vergessen.
Neben einer umfangreichen Theorieeinheit zu Rettungsmethoden standen zwei Dinge vordergründig auf dem Plan:
Das Retten eines verunfallte Gerätetauchers aus der Bauch- sowie der Rückenlage nach VDST–Standard und das Transportieren verunfallter Tauchbuddys unter und über Wasser.

Aber der Reihe nach:

Vermutlich gibt es fast so viele Methoden einen verunfallten Gerätetaucher zu retten, wie es Tauchausbilder gibt, die sich nicht regelmäßig weiterbilden.
Vieles wurde im Laufe der Zeiten geändert, verbessert, modifiziert und angepasst, deshalb war es wieder einmal an der Zeit, die aktuelle Vorgehensweise zu lernen.
Präludium: Bei Praxisversuchen wurde festgestellt, dass die verunfallten Taucherinnen und Taucher nur in den seltensten Fällen (Sidemount) auf dem Bauch landen, wie es bei der Standardisierten Rettungsübung gelehrt wurde. Vielmehr landen die meisten auf dem Rücken, da Flaschenpakete und Blei in diese Richtung arbeiten. Also wurden die Verunfallten in dieser Übung – stets von vorne – angetaucht und gerettet.

Das aktuelle Verfahren funktioniert folgendermaßen:

  1. Verunfallte Person von vorne antauchen, sich bemerkbar machen (o.K. Zeichen vor Maske geben)
  2. Person anfassen, leicht am Arm „rütteln“ (KEINE SCHMERZREIZE SETZEN!); wenn Person bewegungslos:
  3. Mit der rechten Hand den Inflator der verunfallten Person greifen und neutralen Zustand herstellen (Oberkörper richtet sich auf)
  4. Mit der linken Hand in das Harness des Verunfallten (rechte Schulter) greifen („eiserner Griff“) und mit der rechten Hand Inflator der Person und eigenen Inflator bedienen um aufzutauchen
  5. An der Oberfläche Hilfe rufen (natürlich nicht bei einer Übung) Jacket komplett aufblasen und Blei abwerfen
  6. Person schnellstmöglich an Land bringen

Die zweite Einheit war die Rettung eines verunfallten Gerätetauchers horizontal.
Bei Überhängen, Meeresgrotten, Wracks oder Höhlen kann es vorkommen, dass Tauchbuddys zuerst eine Strecke in der Horizontale machen müssen, bevor die Möglichkeit besteht, sie an die Oberfläche zu bringen.
Und hier wurde es wirklich knifflig: Die verunfallte Person wurde angetaucht, „angesprochen“ und auf den Rücken gedreht, die rettende Person ließ sämtliche Tarierluft ab, legt sich auf die verunfallte Person, tariert diese und schwimmt auf diesem „menschlichen Floß“ bis zur Aufstiegsstelle, wo dann die „klassische“ Position wieder eingenommen werden kann.

Nach diesen Strapazen übten alle Teilnehmenden noch den Transport aus dem Wasser mit verschiedenen Tragetechniken, zur Freude der Bandscheibe potenzieller Verletztendarsteller mittels eines Dummys.

Bei einem umfangreichen Debriefing bei der bekannt guten LVST–Verpflegung wurde erneut auf die Notwendigkeit guter und ausgewogener Hydrierung hingewiesen um Tauchunfällen vorzubeugen, das Vorhalten und - in Zweifelsfällen – sofortigen Verabreichen von Sauerstoff (er muss nicht medizinisch sein, „Tauchersauerstoff“ kostet einen Bruchteil und erfüllt den gleichen Zweck) sowie einer wichtigen Frage:

„Was ist, wenn ich eine Person rette, aber selbst Dekoverpflichtung habe?“
Natürlich kann und darf niemand verantwortlich gemacht werden, wenn er sich bei Hilfe selbst in Gefahr bringen müsste und deshalb vorsichtig ist. Aber „Es ist eine Frage des Einzelfalls. Oftmals findet man auch andere Taucherinnen und Taucher, die grade erst ins Wasser gegangen sind oder keine Dekoverpflichtung mehr haben. Oder man schießt eine Boje oder wägt das Risiko ab, wie lange es braucht bis man selbst Sauerstoff bekommen kann oder die nächste Druckkammer zu erreichen ist. Nach einem zehnminütigen Dekostopp, ist die Rettung einer verunfallten Person meist ohnehin überflüssig“.

Bei einem weiteren Tauchgang wurde der Aufstieg ohne Flossennutzung im Team in Sternformation getaucht. Die Flossen wurden nur für die Stabilisierung des Trimms eingesetzt. Mehrheitlich wurde diese Übung im Vergleich zur klassischen DTSA-Übung „Aufstieg ohne Flossennutzung“ als relativ einfach eingestuft.  

Kontakte wurden ausgetauscht, es wurde gefachsimpelt und die letzten Sonnenstrahlen des Herbstes genossen. Alle die an diesem Abend nach Hause fuhren haben den Hunsrück noch ein Stückchen schlauer und glücklicher verlassen, als sie es ohnehin schon waren.
Vielen Dank an das großartige Ausbildungsteam!

Lars Beyer